Weitere Leitgedanken
Weitere Leitgedanken zum Leben und Arbeiten in unserer Gemeinde finden Sie hier
Franz von Assisi
St. Franziskus von Assisi – der Name unserer Gemeinde bezieht sich auf den heiligen Franz von Assisi. Wir sind froh, dass die Gründer der Gemeinde diesen Heiligen zum Namenspatron erwählt haben.
Auch wenn wir seinem Namen nicht wirklich gerecht werden können, – dafür fehlt uns dann doch die Schlichtheit, Demut und Bereitschaft zur Armut – kann uns sein Leben und Handeln, sein Bild von Kirche und insbesondere sein Gottesverständnis Vorbild sein oder zumindest zum Nachdenken anregen. Gerade in einer Zeit, in der der „Wolf von Gubbio” stets um und in uns ist.
- Franz von Assisi – auch heute aktuell
- Franz von Assisi – eine Biographie
- Der Freskenzyklus von Giotto in der Basilika in Assisi
- Der Wolf von Gubbio – von Franz gezähmt
- Weinen mit vereinten Kräften
- Thomas von Celano: Die heilige Einfalt des Franz von Assisi
Die Entwicklung der Franziskus-Gemeinde (Stadtgespräch 10.4.07)
Ein nur begrenzt interessierendes Thema? Sicherlich nicht, denn man darf den Anteil der katholischen Kirchengemeinde Hochdahl am Zusammenwachsen der Stadtbevölkerung nicht unterschätzen. Mehrfach wurde in der Veranstaltung denn auch betont, dass die Kirche anfangs ein Kristallisationspunkt für die Neuzugezogenen war, der ihnen half, Menschen kennen zu lernen und sich in der neuen Stadt wohlzufühlen.
Jedenfalls war das Thema zugkräftig: der Raum im Haus der Kirchen war überbesetzt. Die Hoffnung, dass vor allem Menschen kommen, die neugierig sind, weil sie später zugezogen sind oder der jüngeren Generation angehören, trog allerdings. Die „Alten“, die das Werden der Kirchengemeinde miterlebt haben und an ihm beteiligt waren, überwogen deutlich. Für sie war es die Begegnung mit einer noch heute lebendigen fruchtbaren Vergangenheit. Alles hat seine Geschichte und nichts ist selbstverständlich. Es tat gut, sich daran zu erinnern, dass das, was unsere Gemeinde heute ausmacht, auf dem Grund von Ideen und Einsichten gewachsen ist. Ungefährdet ist allerdings nichts von dem, was wir für gut und richtig befinden. Erst recht kein Grund zum Ausruhen.
Vieles war Geschenk. So eine Stadtplanung, die es leicht machte, die Kirchengemeinde so zu ordnen, dass einerseits eine zentrale Zurschaustellung (mit einem „Dom“ in der – schwach ausgebildeten – Mitte) nicht in Betracht kam, andererseits die Bildung einer Großgemeinde anstelle der vom Erzbistum zunächst geplanten Aufteilung in drei Gemeinden nicht behindert wurde. Die notwendige und gewünschte dezentrale Struktur wurde durch die bauliche Betonung der Stadtteile vorgegeben – wenn auch nur teilweise realisiert, ganz wesentlich dadurch, dass die evangelische Kirchengemeinde uns mit Kirchenräumen half. So finden seit Jahrzehnten bis heute sieben Samstags-/Sonntags- Gottesdienste statt: in St. Franziskus in Trills, in Heilig-Geist in der Sandheide, im Paul-Schneider-Haus in Millrath und in der Neanderkirche in Alt-Hochdahl.
Ich sprach von Ideen und Einsichten. Ganz eindeutig wirkten vor allem die Impulse, die vom Zweiten Vatikanischen Konzil ausgegangen waren. Die Begeisterung und der Wille, die als verkrustet erlebte Kirche zu verändern, waren allgemein. In der neu aufzubauenden Hochdahler Gemeinde boten sich Möglichkeiten. Die schöne Kirche Heilig Geist in der Sandheide ist der bauliche Ausdruck dieses Willens.
Die Gesprächsteilnehmer fanden sich schnell darin zusammen, dass das Konzil mit der Forderung nach Mitverantwortung und Beteiligung der Laien einen ganz wesentlichen Schwerpunkt gesetzt hatte. Die intensive Sakramentenvorbereitung (Taufe, Erstkommunion, Buße, Firmung), die in Hochdahl seit Jahren mit hohem Einsatz von Laien angeboten wird, wäre ohne das nicht möglich gewesen. Die gemeinsame Suche nach Wahrheiten und Wegen in vielen Gesprächs und Arbeitskreisen, das Gefühl, hier zu Hause zu sein, bestimmte für viele das Bild einer christlichen Gemeinde. Es entstand ein Netzwerk von Kontakten, das einem „Zerfleddern“ der Gemeinde entgegenstand.
Mit der Aufwertung des „Volkes Gottes“ ging die Verflachung der vordem autoritären Strukturen einher – gefördert durch unsere Geistlichen. Der Priester nahe bei den Menschen anstelle eines hierarchisch bestimmten Priesterbildes: das gehörte mit zu dem Besten, was uns das Konzil und die unruhigen siebziger Jahre hinterlassen haben. Die Glaubensverkündigung kam dabei keineswegs zu kurz. Die Predigt, die unvergessenen Höhepunkte der Musik in der Kirche und die Katechese, vor allem die von ganz vielen getragene Firmvorbereitung wurden prägend für das Leben der gesamten Gemeinde. Es fragt sich natürlich immer wieder, was dabei herausgekommen ist, vor allem für die jüngere Generation. Haben wir uns vom allgemeinen Trend positiv absetzten können? Jedenfalls haben wir das kritische Mitdenken gelernt. „Wesentlich ist, dass man Fragen stellen und Zweifel äußern darf“, meinte eine Teilnehmerin.
Die Öffnung der katholischen Kirche durch das Konzil stand auch Pate für die Belebung der Ökumenischen Bewegung. Dass eines Tages der evangelische Pastor auf unsere Geistlichen zuging und die Kirchenräume seiner Gemeinde zur Mitnutzung anbot, war die Initialzündung für ein zuvor undenkbares fruchtbares Miteinander der beiden Gemeinden – und nicht nur der Geistlichen. Hierzu ist an anderer Stelle mehr ausgeführt.
Zur Sprache kamen natürlich auch die Spannungen, die mit der Leitung des Erzbistums über den „Sonderweg“ (so wurde es in Köln gesehen) der Hochdahler Gemeindeentstanden, Spannungen, die zeitweise sehr belastend waren. Der Hochdahler Versuch, auf die Laienpredigt vorzubereiten, die Praxis, junge Leute erst im Alter von etwa 18 Jahren zu firmen, und die Musical-Texte von Wilhelm Willms stießen auf Vorbehalte und Ablehnung. Wir hätten uns eine Diskussion darüber gewünscht.
Wie geht es weiter?
Der „Leuchtturm“ Konzil hat an Helligkeit eingebüßt. Wird er zum Teil bewusst verdunkelt? Was das für uns bedeutet, wurde nicht mehr angesprochen. Im Hintergrund – und unerörtert – stand auch die Frage, wie es mit der Hochdahler Gemeinde weitergeht, nachdem unser Pfarrer Bernd Staßen zum 31. Juli in Ruhestand gegangen ist. Aber auch da gilt: Wer sich zu viele Sorgen macht, vertraut nicht auf Gottes Fügung und darauf, den richtigen Weg gegangen zu sein. Und wie in der Veranstaltung mehrfach gesagt wurde: „Wir sind die Kirche!“
Hermann Lucas
Das Gemeindekonzept - damals (in den 70ern) und heute
DIE PLANUNG DER”NEUEN STADT HOCHDAHL”
Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts entstand auf dem alten Siedlungsgebiet Trills, Alt‑Hochdahl und Millrath die “neue Stadt Hochdahl” (heute etwa 25.000 Einwohner). Der Stadtplaner, Prof. Machtemes, entschied sich bei seiner Planung für das Wohnen in Quartieren (in Köln sagt man “Veedel”), in überschaubaren Größen, voneinander abgesetzt durch Grünzüge. In jedem dieser Quartiere sollten eine Grundschule, ein Kindergarten, eine Kirche und kleinere Geschäfte entstehen. Die Quartiere sollten sich um die Stadtmitte gruppieren ‑ mit Markt, Schulzentrum, Bürgerhaus. Machtemes: “Menschen fühlen sich eher zuhause in überschaubaren Einheiten als in einer geballten Bebauung (wie sie in dieser Zeit anderswo verwirklicht wurde, etwa in Köln‑Chorweiler, Meckenheim‑Merl, Wulfen u. a. ). Die Planung in Hochdahl war menschenfreundlich. Sie stimmte, auch wenn sie in den folgenden Jahren nicht immer ideal verwirklicht werden konnte, z. B. mußten die Geschäfte in den Subzentren nach der Entstehung des Hochdahler Marktes fast alle aufgegeben werden. ‑ Wenn mich Freunde und Bekannte von außerhalb besuchen, zeigen sie sich immer wieder überrascht über das viele Grün, das die Stadt durchzieht und das die hohe Bebauungsdichte auf den ersten Blick gar nicht wahrnehmen läßt.
DIE KONZEPTION DER”GROSSGEMEINDE ST. FRANZISKUS”
Die katholische Franziskusgemeinde hatte Ende der 60er Jahre etwa 2000 Mitglieder. Die Planung rechnete (am Ende des Aufbaus) mit etwa 15.000. Heute sind es (schwankend) ca. 10.000. Die Leitung des Bistums setzte damals die Idealgröße einer Pfarrei bei 3‑4000 an. Danach sollten in Hochdahl 3 selbständige Gemeinden entstehen, jeweils mit Kirche, Kindergarten, Gemeindehaus. In dem damals auch entstandenen Düsseldorfer Stadtteil Garath ist man diesen Weg der Aufteilung gegangen. Dort entstanden 2 selbständige Gemeinden mit 3 Kirchen, Kindergärten und Gemeindehäusern. Heute müssen die beiden Gemeinden dort wieder mühsam zusammengebracht werden. In Hochdahl entschieden sich Pastoralteam und Pfarrgemeinderat für einen anderen Weg. Ermutigt durch die Stadtplanung, nach langen und gründlichen Überlegungen hielt man an der Großgemeinde fest, allerdings strukturiert in überschaubaren Einheiten. Das erspart uns heute die Zwangsvereinigung zu einem sog. Seelsorgebereich, wie sie z Zt. im Erzbistum Köln flächendeckend durchgesetzt wird.
Im Stadtzentrum sollten Räume für die zentralen Aufgaben der Großpfarrei entstehen ‑ mit der evangelischen Gemeinde zusammen in einem ökumenischen “Haus der Kirchen”, ein “Stein des Anstoßes”, damit wir die Zukunft der Kirchen, ihre Einheit nicht aus dem Blick verlören. Dieses “Haus der Kirchen” am Markt wurde 1987 fertiggestellt ‑ das “Herz der Gemeinde: ein freundlicher Empfang für die Menschen auf dem Markt, ein “Raum der Stille, die Büros der beiden Gemeinden mit ihren Sozialdiensten, der “Eine Welt Laden”, ein Raum für die Leitungsgremien beider Gemeinden. Der Vernetzung der Gemeindemitglieder sollten auch die Aspekte dienen (das erste Heft erschien im Dezember 1972!). Der Pfarrbrief, der regelmäßig in alle Haushalte gebracht wurde, richtete sich mit seinen Denkanstößen an “aktive Gemeindemitglieder, vor allem aber auch an alle mehr am Rande der Gemeinde Stehenden. Die “pastorale Grundversorgung” sollte in den Wohnvierteln geschehen: in überschaubaren Einheiten sollte die Kirche, die Gemeinde, ein konkretes Gesicht bekommen, sollte menschliche Nähe und Wärme möglich werden, das entscheidende Instrument der Sendung Jesu. Verwirklicht und eingelöst wurde das (menschlich verständlich!) nur bruchstückhaft, in der trotzigen Hoffnung, daß wir da noch weiterkommen. Gerade in einer Zeit extremer Individualisierung und Anonymisierung sind überschaubare Einheiten für ein Gemeinwesen wie die Kirche überlebenswichtig. Manchmal denke ich, daß das kleinere kirchliche Gemeinschaften (wir sagen da oft “Sekten”) besser begriffen haben als wir Großkirchen.
Der “Kontaktdienst” (auch strukturiert in Wohnvierteln) entstand 1972 und sollte regelmäßige Hausbesuche machen (im Laufe der Jahre geriet diese Idee dann wohl doch aus dem Blickfeld!). ‑ 1969 entstanden etwa 15 neue Ehekreise ‑ selbstverständlich auch auf Wohnviertelebene. Einige von ihnen treffen sich auch heute noch, 35 Jahre danach. Später entstanden neue Ehekreise dann eher auf der Ebene der Gesamtgemeinde. – In den 80er Jahren kam es noch einmal für begrenzte Zeit zu mehr als 10 Gesprächskreisen auf Wohnviertelebene um die Fernsehserie “Warum Christen glauben”.‑ Die Arbeit mit Kindern, die Arbeit mit Kommunion‑ und Bußgruppen, mit den jugendlichen Firmbewerbern gehört selbstverständlich zur “pastoralen Grundversorgung” in den Wohnvierteln.
SO ENTSTANDEN IM LAUFE DER ZEIT DREI SUBZENTREN MIT JE EINER KIRCHE, EINEM KINDERGARTEN UND EINEM GEMEINDEHAUS:
a) Die Franziskus‑Kirche in Trills
stand am Anfang am Rand der Bebauung. Als “Gemeindehaus” diente eine uns von Unterbach geschenkte Baracke. Das damalige “Vereinshaus” wurde uns 1982 überlassen und zum Franziskus‑Gemeinde‑Haus umgebaut.
b) Das Wohnviertel Sandheide
wuchs als erstes Neubaugebiet in der “neuen stadt”.
Schon 1967 plante der damalige Kirchenvorstand mit Pfarrer Meixner dort den Kirchenneubau mit Kindergarten und Gemeinderäumen. Das Sandheider Zentrum Hl. Geist konnte 1972 bezogen werden.
c) Im Wohnviertel Millrath/Ost
war ursprünglich auch eine Kirche geplant ‑ das dritte Subzentrum. Am Reformationstag 1969 wurde uns von der evgl. Gemeinde das Paul‑Schneider‑Haus in Millrath für eine Sonntagsmesse angeboten. So brauchten wir in diesem Gebiet nur noch ein kleines Gemeindehaus mit Kindergarten. Das Roncalli‑Haus wurde dann 1982 fertig, kleiner und einfacher als von der Diözese vorgesehen, aber äußerst funktional. Und dazu zu 3/4 mit Spenden und Arbeiten von Gemeindemitgliedern gebaut! Dieses Haus gehört also (mehr als die beiden anderen Häuser) den Menschen unserer Gemeinde! Auch Bewohner der anderen Wohnviertel haben damals solidarisch die Finanzierung mitgetragen.
DAS KONZEPT VON DAMALS – IST ES HEUTE NOCH (NACH 35 JAHREN) ZUKUNFTSTRÄCHTIG?
Die Leitung der Diözese drängt (unter dem irreführenden Titel “Zukunft heute”) auf “Großstruktur. Unter dem Zwang von Sparen sollen Versammlungsflächen aufgegeben werden ‑ d.h. in Hochdahl eins der Gemeindehäuser. Mir macht das Angst. Gleicht sich die Kirche da nicht allzusehr der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung an? Fusion von Firmen zu Konzernen sind an der Tagesordnung; der Weg zu einem Büro der Stadtverwaltung ist seit der Gebietsreform von 1975 weiter geworden; der nächste Briefkasten ‑was für ein Glück, wenn man ihn zu Fuß erreichen kann; der Lebensmittelladen im Stadtviertel? Das nächste Postamt? Da sind wir in Hochdahl ja noch ganz gut dran. Mir macht es Angst, wenn sich jetzt auch die Kirche mit neuen Großstrukturen, durch Schließung und Abriß von Gemeindehäusern (und Kirchen?) immer mehr von den Menschen entfernt. Muß Kirche nicht auch da “Gegenmodell” zum Üblichen sein? Bleiben? Sind wirtschaftliche Zwänge (Sparmaßnahmen) wirklich wichtiger und stärker als “menschenfreundliche” Konzepte? Und wenn sparen unabdingbar ist ‑ wo sparen? Und wenn von den drei Gemeindehäusern der Franziskusgemeinde eines nicht mehr künftig aus Kirchensteuermitteln finanziert wird ‑ ist die Nähe zu den Menschen es uns wert, die Kosten für das eine Haus selbst aufzubringen? Zunächst jedenfalls für die nächsten 5 Jahre?
Die Gemeinde hat gehandelt.
Aufgrund einer großen Spendenbereitschaft konnte der Roncalli-Verein gegründet und somit alle drei Gemeindehäuser für die Gemeinde erhalten werden.
von Gerd Verhoeven
Damals 1970
Der Gedanke ist gut: einen Artikel über „damals 1970“ und zwar über die „Gründerjahre“ unserer Gemeinde unter Berücksichtigung der damaligen Theologie. Kann jemand, der die Kirche zu der Zeit anderenorts erlebt hat, überhaupt etwas dazu sagen?
Da die Entwicklung der Theologie deutschlandweit sehr ähnlich war, will ich es versuchen.
Einmal ganz grob: das Konzil. Ja, mehr als irgendetwas anderes hat das Konzil die katholische Gemeinde Hochdahls geprägt. Es gab damals eine Handvoll Theologen, die das Konzil bzw. die anschließende Zeit in besonderem Maße beeinflusst haben, auf deutscher Seite unter anderem drei: Auer, Küng und Ratzinger, die ich während des Theologie-Studiums in Tübingen erlebt habe. Alfons Auer ist außerhalb theologischer Kreise kaum bekannt. Aber er hat nach dem Konzil wesentlich in der päpstlichen Kommission über die Empfängnisverhütung mitgearbeitet. Seine Arbeit über die neue Moral kennen fast nur Fachleute, aber ihre Auswirkungen sind in Kirche und Gesellschaft deutlich spürbar. Seine Betonung des eigenen Gewissens in jeder moralischen Entscheidung hat manchem Ehepaar in Not geholfen.
Hans Küng ist im Gegensatz dazu sehr bekannt. Zwei Zitate von ihm zeigen seine Offenheit und betonen sein revolutionäres Flair, das seine Arbeit immer begleitet hat:
„Die Kirche sind wir, wir Mensche n, wir, die Gemeinschaft der an Christus glaubenden Menschen. Hans Küng, Die Kirche, 1967, S. 209.
„Der Geist wirkt, wo er will. . . nicht nur in den kirchlichen Ämtern, sondern wo er will: im ganzen Volke Gottes.“ Ebd. S. 212.
Diese theologische Einsicht ist in der Hochdahler Gemeinde in beachtlichem Maße umgesetzt worden: Man findet sie sowohl in der Beteiligung vieler Gemeindemitglieder bei der Kommunion- und Firmvorbereitung als auch in der Verschiebung der Firmung auf ein Alter (17), in dem der Firmling sich selber für seinen Glauben entscheiden kann.
Und schließlich gab es einen jungen Professor in Bonn, ja damals war er einfach Josef Ratzinger. Ein bescheidener Mann, froh – sogar mit einem leichten Gang – aber doch ein entschiedener und brillanter Theologe. Seine „Einführung in das Christentum“, obwohl nicht so zitatfähig wie Hans Küng, bleibt heute, vierzig Jahre nach seiner Veröffentlichung, fast so aktuell wie damals.
Als theologischer Berater des Kölner Kardinals Frings hat er den Gang des Konzils entscheidend beeinflusst. Es wird erzählt, dass er Kardinal Frings dahingehend beraten hat, sich dafür einzusetzen, die vorbereitete Vorlage der Kurie beiseite zu lassen, und das Konzil nach den Bedürfnissen der Gläubigen zu orientieren.
Die Erneuerung, die die Kirche durch das Konzil erfasst hat, wurde der Grundstein für die Gemeinde Hochdahls. Die Pfarrei ist durch das Konzil und durch die Generation der Theologen von 1960 bis 1980 geprägt – die Fenster wurden geöffnet, um frische Luft in die Kirche zu lassen.
Aber natürlich galt es nicht nur die positiven Änderungen, die das Konzil mit sich brachte, umzusetzen. Es mussten alle in der Gemeinde weiterhin ein „Zuhause“ haben – und sich nicht vor lauter „Zugluft“ vertrieben fühlen.
Heute gibt es hier in Hochdahl tausend Möglichkeiten, in der Pfarrei zu arbeiten: von Amts wegen im Vorstand und Pfarrgemeinderat (vor dem Konzil gab es so etwas nicht!). Zusätzlich gibt es viele weitere Gruppen, die die Gemeinde tragen. In der letzten Ausgabe von aspekte gab es eine Liste von über 30!
Wenn man diese Änderungen in der Kirche nicht miterlebt hat, hat man keine Vorstellung von der lateinischen Kirche, die vor 1965 existiert hat. Unsere Gemeinde – so wie sie sich jetzt darstellt – ist nur nach dem Konzil vorstellbar.
Und wir müssen allen Verantwortlichen, die diese Gemeinde mitgestaltet und -getragen haben, danken.
Michael Hayden
Durch die Hochdahler Gemeinde geprägt
Vor vielen Jahren, als ich noch berufstätig war, hatte ich mit einer Firma zu tun, deren Geschäftsführer ich mal aufsuchen mußte. In seinem Büro hing ein einfaches Holzkreuz. Auf meine etwas provozierende Frage, was das denn soll, antwortete mir dieser Mann: „Ich ordne mein Leben und meine Arbeit diesem Zeichen unter, egal wo ich bin und was ich tue. Und das sollen auch meine Kunden und Mitarbeiter wissen und erkennen. Und wenn es denn sein soll, darf das ruhig auch auf andere abfärben”.
Soweit dieses Erlebnis. Ohne es damals zu wissen, habe auch ich meine „Hochdahler Schule” nach Friedrichshafen mitgenommen. Ich versuche, den Menschen hier in meinen Gesprächen, Gottesdiensten und Gebeten mitzuteilen, dass nicht eine Hierarchie oder Tradition oder eine schriftliche Beglaubigung unser Glaubensleben bestimmen kann, sondern das, was der Geschäftsführer symbolisch in seinem Zimmer hat, das Kreuz. „Kreuz” ist natürlich zu einfach ausgedrückt. Eigentlich und richtig muß es heißen: Der Geist Gottes.
Franziskus hat es mal so ausgedrückt: „Lebt das Evangelium, dann braucht ihr keine Gesetze oder Ordensregeln”. Dieser Satz hat auf die Franziskusgemeinde Hochdahl abgefärbt, und das habe ich von Hochdahl gelernt und zum Bodensee mitgenommen:
Der Geist Gottes ist nicht regulierbar
Der Geist Gottes muß erfahren werden
Dem Geist Gottes muß man sich öffnen
Der Geist Gottes will weitergegeben werden
Dem Geist Gottes sind wir alle verpflichtet
Ich fasse zusammen: In der Gemeinde von Hochdahl kann und darf sich jeder einbringen, wenn es um diesen Geist geht. Das ist das schöne und einmalige. Ich bin davon bereichert und beschenkt worden und das hat mich (und auch Elisabeth) frei, zufrieden, glücklich und dankbar gemacht.
Das Leben ist kein Klax
Es grüßt von Bodensee der Max
Max Hellmich
Den Glauben leben
Das Konzil hat ein Programm für uns Christen formuliert: als Volk Gottes gemeinsam unterwegs sein. Als Volk Gottes unterwegs sein, das heißt aber: anders leben als die übrige Gesellschaft.
Das heißt, eine Lebensform finden, die deutlich macht, dass wir von Gott her leben. Und wir Christen haben
den Weg und die Lebensart, die Jesus von Nazaret uns aufgezeigt hat.
Es hat immer wieder Menschen gegeben, die für ihre Zeit die Botschaft Gottes und die Botschaft Jesu in ihr Leben übertragen haben und das durch ihr Leben und ihre Haltung zum Ausdruck gebracht haben. Am deutlichsten – so wird es von vielen gesagt und beschrieben – hat das Franz von Assisi mit seiner Bruderschaft gelebt. Die Armut, die Franziskus und seine Gefährten gelebt haben – sie hatten buchstäblich nichts, nur das, was der Tag ihnen brachte – war für sie Ausdruck ihres Glaubens, dass sie abhängig waren von Gott. Abhängig, weil sie fühlten, dass Menschen nicht aus sich selber leben, sondern von Gott erschaffen, Geschöpfe Gottes sind. Und Franziskus zeigte mit seiner Lebensart, dass Gott sich um seine Geschöpfe sorgt. SeinVertrauen in die Güte Gottes und der Menschen war grenzenlos.
Immer wieder die Frage, wenn ich darüber nachdenke: Wie könnte das, was Franz gelebt hat (oder andere in ihrer Zeit) für uns aussehen? Einfach nachmachen kann man das nicht. Wir brauchen einen Ausdruck, eine Lebensform für uns heute.
Und dann, kürzlich höre ich einen Auszug aus einem Text: Es sind „Gebote”, die Papst Johannes XXIII. für sich aufgestellt hat. Eigentlich sind es „10 Gebote”, hier vier davon:
Nur für heute werde ich mich bemühen, den Tag zu erleben, ohne alle Probleme meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.
Nur für heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein, dass ich für das Glück geschaffen bin, nicht nur für die andere Welt, sondern auch für diese Welt.
Nur für heute werde ich fest glauben – selbst wenn die Umstände das Gegenteil zeigen sollten – dass die gütige Vorsehung Gottes sich um mich kümmert, als gäbe es sonst niemanden auf der Welt.
Nur für heute werde ich keine Angst haben. Ganz besonders werde ich keine Angst haben, mich an allem zu erfreuen, was schön ist – und ich werde an die Güte glauben.
Ist das nicht eine Armutshaltung, wie Franz sie gelebt hat? Wäre das nicht eine wirkliche Alternative, ein Kontrastprogramm zu dem „Üblichen”, was wir leben: immer alles in der Hand haben müssen, planen, was aus sich machen – wer sorgt sich denn sonst um mich? Wer kennt nicht die Überforderungen, die daraus entstehen?Nur für heute – eine Lebenshaltung, die es mir ermöglicht zu sehen, zu erleben, aufzunehmen, was der Tag bringt…
Nur für heute – ein Ausdruck für unseren Glauben, dass Gott und Jesus bei uns sind und für uns sorgen…
Nur für heute – die Hoffnung, immer wieder neu zu hören, zu denken und zu verstehen…
Nur für heute – eine Möglichkeit den Tag zu bestehen im Vertrauen auf die Güte Gottes und der Menschen…
Hildegard Mücke
'Leitung der Gemeinde'
Erfahrungen aus einem Gesprächskreis zu diesem Thema:
Sehr deutlich war der wiederholte Versuch, die Frage nach der Leitung in der Gemeinde von beruflichen und gesellschaftlichen Erfahrungen her zu beantworten. Man weiß doch, wie Leitung funktioniert (in Betrieben und Büros)! Das braucht man dann doch nur zu übertragen. Also, Herr Pfarrer, nehmen Sie Ihre Leitungsfunkfion wahr! ‑ Geht man eigentlich ganz naiv ‑ davon aus, daß alles, was da so beruflich läuft, automatisch gut oder sogar christlich ist? Und ist die Gemeinde denn nun wirklich nichts anderes (außer in ihren Zielen) als irgendeine andere gesellschaftliche Struktur?
Deutlich war auch, welche Schwierigkeiten die konkrete Umsetzung von theologischen oder glaubensmäßigen Aussagen macht. Eine solche Aussage lautete an mehreren Abenden: “Jesus Christus ist der Herr” ‑ der Gemeinde. Als theologische Aussage wird das wohl weitgehend akzeptiert; schwierig ist es aber nun, daraus konkrete Strukturen und Verhaltensweisen für “Leitung in der Gemeinde” abzuleiten.
Vielleicht sind die Gespräche über dieses Thema doch nicht vergeblich. Drei Erkenntnisse, die uns auch praktisch weiterbringen können:
(1) Jesus Christus ist der Herr. Wenn man mit diesem Satz ernst machen kann, dann läuft “Leitung” in einer Kirchengemeinde anders als sonstwo. Die Leitung der Gemeinde liegt dann bei Jesus Christus! Aber der äußert sich nicht durch Anweisungen, Arbeitsaufträge, Ausführungsbestimmungen. Die Situation gleicht einem Betrieb oder einer Verwaltung, wo der Chef weg ist! Interessanterweise wird man in einem Betrieb diesen Zustand ‑ der für “Gemeinde” typisch ist ‑ so schnell wie möglich beenden wollen, damit wieder klar ist wer zu sagen hat.
(2) Dann geht es in der Gemeinde darum, den Chef zu erkennen, wenn und wo er sich zeigt. ‑ Hier haben uns die Osterevangelien im Gespräch sehr gut weitergeholfen. Und jemand bringt die Gemeinde voran, wenn er eine besonders traiiiierte Empfänglichkeit für den sich zeigenden Herrn hat (vgl. dazu Joh 21, das Evangelium von den Jüngern beim Fischfang auf dem See; es ist übrigens Johannes, nicht Petrus, der den Herrn erkennt). Und es ginge dann darum, sich gegenseitig zu erzählen, wie man den ‑Herrn” in den Erfahrungen des Alltags erkannt hat. Und dabei sich gegenseitig anzd’IeiteW’ (!). Wenn man hier von einer menschlichen “Leitung” sprechen will, besteht die vor allem darin, sich leiten zu lassen. Und was spricht dafür, hier die “Leitung” auf einen oder wenige einzugrenzen und die Kapazitäten all’ der anderen im “Erkennen des Herrn” gering zu achten!? Wird dann der Begriff “Leitung” unscharf? Oder wird vielleicht nur deutlich, wer der einzig “Leitende” ist?
(3) Eine praktische Folgerung ergibt sich daraus: alles hängt von diesem gegenseitigen “Erzählen” (bibl. bezeugen) ab, wenn eine Gemeinde lebendig sein soll. Miteinander fragen, suchen, sich mühen, leiden ‑ miteinander und voreinander die “großen Taten Gottes verkünden”! ‑ Praktisch heißt das, daß wir in der Gemeinde viel mehr Möglichkeiten und Formen solchen Austauschs brauchen ‑ von der Pfarrversanunlung bis zum Gespräch zu zweit … Da sehe ich Aufgaben für die praktische Umsetzung.
Man kann auf solche Überlegungen mit Vorbehalten reagieren: “im Prinzip richtig, aber …” ‑”Das ist sehr theoretisch, praktisch …” ‑”Das ist abgehoben, die Realität ist anders.” Aber das ist ja das, was zu beweisen war: die Realität einer christlichen Gemeinde ist anders!
B. Staßen
Gemeindeleitung unter dem Motto: Beseelen statt Befehlen
Gemeindeleitung nach der Vorgabe „Beseelen statt Befehlen” ist uns wichtig,
- weil nicht einer allein den Glauben „hat”
- weil lebendiger Glaube nur durch gemeinsamen Austausch möglich ist
- weil wir „gemeinsam pilgerndes Gottesvolk” sind (s. Bibel u. 2.Vat.Konzil)
- weil alle das „allgemeine Priestertum” haben
- weil der, der befiehlt (nur Kopf!), nicht mehr beseelen (auch Herz, Gefühl) kann
- weil wir uns als mündige Christen nichts per „Macht-Autorität” erzählen lassen wollen, denn unsere Autorität ist das Evangelium (z.B. im Thema Kommunion – Buße)
- weil man das am besten weitergeben kann, von dem man gespürt hat, was es in einem selbst bewirkt hat
- weil Leitung so eine Chance gibt, eigene Erfahrungen zu machen und daraus eine Entscheidung zu treffen
- weil im Beseelen eine Form von Zärtlichkeit erlebbar wird
- weil der „Präsentator” mich jeden Tag so überzeugen muss, dass ich mich immer für etwas entscheide und meine Entscheidung tragfähig ist – und Überzeugung entsteht nicht durch Zwang
Zur Rolle von “Laien” und “Klerikern”
Wie unterschiedlich man auf eine Situation reagieren kann! ‑ Der Priestermangel in der katholischen Kirche in Westeuropa ist bedrohlich und nimmt immer noch zu. Der Nachwuchs wird nicht zahlreicher und die vorhandenen Priester nicht jünger. Auch wenn wir in Hochdahl lange mit einem blauen Auge davongekommen sind, sehen wir die schwierige Situation nun vor uns und sie wird auf Dauer nicht besser werden.
Und was soll man in dieser Situation tun?
Ein Lösungsvorschlag lautet: Die “Laien” an die Front; noch mehr Aufgaben in der Gemeinde müssen auf noch mehr Leute verteilt werden! Der entsprechende Artikel in den letzten Aspekten ging in diese Richtung. ‑ Andere betonen demgegenüber: Mitarbeiten bedeutet nicht ersetzen! Die Mitarbeit der Laien ist zwar wertvoll, kann aber den Dienst des Priesters nicht ersetzen. Das ist an sich auch klar. Allerdings weckte die Art und Weise, wie die vatikanische Instruktion von Mitte November 1997 diese Abgrenzung betonte, bei manchen Gläubigen den Verdacht, daß die “Laien” mal wieder zurückgedrängt werden sollten.
Das Folgende ist der Versuch, in dieser Debatte und in der Reaktion auf die römische Stellungnahme Boden unter die Füße zu bekommen. Dabei ist der Ansatzpunkt für die Überlegungen die Erfahrung, die Nöte und die Möglichkeiten in der Gemeinde (d. h. eine pastoral‑theologische Perspektive).
1. Die “Sache Jesu” muß weitergehen! Der erste und wichtigste Auftrag der Kirche ist die Verkündigung der Botschaft Jesu. “Gehet hin in alle Welt …” (Mt 28,19). Die Kirche mit allen Strukturen, Ämtern und Besitztümern ist überflüssig, wenn sie nicht diesem Auftrag dient. Und die Gefahr scheint groß zu sein, daß sich die Kirche etabliert und ihr Genüge findet in gesellschaftlichen, politischen und sozialen Funktionen. (Wir haben ja schließlich den Caritas‑Verband und die Kindergärten.)
2. Das “Leben der Gemeinde” muß garantiert sein! Die Theologie spricht seit dem Konzil an dieser Stelle gern vom “Volk Gottes”. Das Volk Gottes ist der Träger der Verkündigung und des Lebens im Geiste Jesu Christi. Und da, wo das Volk Gottes ausstirbt, stirbt die “Sache Jesu”. Wo das Leben der Gemeinde verkümmert, ist der Sinn des Ganzen und die Weitergabe der Botschaft in Gefahr. Und das Leben der Gemeinde hat Vorrang vor allen anderen Werten und Strukturen in der Kirche (d. h. vor der Ämterverteilung, vor dem Zölibat, aber auch vor dem Anspruch Einzelner auf Mitsprache, Entscheidungsbefugnis oder Privilegien).
Wenn man dem hierarchischen Kirchenbild anhängt, kann man an dieser Stelle allerdings zu anderen Gewichtungen kommen. Wenn die Skala der Bedeutung von oben nach unten geht (Papst als Stellvertreter Christi ganz oben, danach die Bischöfe, dann die Priester, andere Teilhaber an der Weihegewalt und irgendwo am Schluß die Laien), dann ist es vielleicht wichtiger, daß es irgendwo noch einen Amtsträger gibt ‑ auch wenn die Gemeinden längst kaputt sind. ‑ Vielleicht ist diese Überlegung aber auch ein Mißverständnis des hierarchischen Kirchenbildes. Allerdings müssen sich die Verfasser der vatikanischen Instruktion schon die Frage gefallen lassen, ob sie die Not der Gemeinden ernst genug nehmen.
3. Alle Funktionen innerhalb der Kirche haben dem Leben der Gemeinde zu dienen! “Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt” (1 Kor 12,7). Ob der durch die Weihegewalt besiegelte Dienst des Priesters dabei etwas Besonderes ist, ist doch nicht wichtig, wenn er genauso im Dienst der Gemeinde steht wie die Fähigkeiten und Gaben der anderen. Es geht bei diesen Überlegungen nicht darum, den Dienst des Priesters abzuwerten, zu nivellieren oder gar abzuschaffen. Aber das ewige Betonen des Unterschieds nährt den Verdacht, daß es dabei doch um die Verteidigung von Privilegien geht (die als solche allerdings nur in einem Weltbild von vorgestern vorkommen). Wenn es um das Leben der Gemeinde geht, ist die Aufforderung, daß jeder das Seine tut, wichtiger als die Betonung von Unterschieden. Man kann es auch salopp sagen: Die Hauptsache ist, daß die Arbeit getan wird ‑ ja, ja, natürlich so, daß jeder seine Arbeit tut und nicht die des andern.
Und wenn den vatikanischen Behörden die Priesterweihe so wichtig ist, warum erteilen sie sie denn nicht dem Pastoralreferenten, der in einer priesterlosen Gemeinde der “Ansprechpartner” ist und seine Arbeit gut tut? Ach so, der ist verheiratet! Was für ein Pech auch! ‑ Für wen?
Wie sieht das in Hochdahl aus: Die Arbeit tun, damit die Gemeinde lebt und die “Sache Jesu” weitergehen kann?
Bernd Staßen (Aspekte 12/97; zeitliche Perspektive bearbeitet 2007, Redaktion)
Roncalli - Papst Johannes XXIII
Mit der Benennung des Gemeindehauses in Millrath-Ost in „Roncalli-Haus” hat unsere Gemeinde ein Zeichen gesetzt. Wir möchten damit an diesen großartigen Papst Johannes XXIII erinnern, der mit der Einberufung des 2. Vatikanischen Konzils einen „frischen Luftzug” durch unsere Kirche hat wehen lassen.
Angelo Giuseppe Roncalli – Papst Johannes XXIII.
Ein besonderer Papst
Johannes XXIII –
Angelo Roncalli ‑ eine Kurzbiographie
geboren 1881 bei Bergamo/Oberitalien; 1904 Priesterweihe; 1925 bis 1944 im diplomatischen Dienst des Vatikans in Bulgarien, der Türkei und Griechenland, dann Nuntius in Frankreich; 1953 Patriarch von Venedig. Im Oktober 1958 wählten die Kardinäle ihn zum Nachfolger von Pius XII. Er nannte sich Johannes XXIII. Allgemein hieß es: ein “Übergangspapst”. Doch es kam anders … 1962 berief er das 2. Vatikanische Konzil ein. Als die großen Aufgaben unserer Zeit betrachtete er zwei Dinge: die Einheit der Christen und den Frieden in der Welt.
Aussprüche und Andekdoten, aus Anlaß seiner Seligsprechung am 3. September 2000 zusammengestellt:
Erwartungen an das Konzil
Was erwartete Johannes XXIII. vom Konzil? “Vom Konzil?”, sagte er und näherte sich dabei dem Fenster, als wollte er es öffnen, “erwarte ich frischen Luftzug… Es gilt, den kaiserlichen Staub, der sich seit Konstantin auf dem Thron des heiligen Petrus gesetzt hat, abzuschütteln.”
Der Stellvertreter
Papst Johannes besuchte in Rom das Krankenhaus zum “Heiligen Geist”, das von Nonnen geleitet wird. Die Oberin kam ob dieser Ehre ergriffen herbeigeeilt und stellte sich vor: “Heiliger Vater, ich bin die Oberin vom ‘Heiligen Geist’.”
“Hatten Sie aber ein Glück ‑, ich bin nur der Stellvertreter von Jesus Christus”, gab der Papst zurück.
“Oh, welch ein trauriges Leben ist doch das eines Bischofs oder eines Priesters, der nichts anderes als ein Diplomat oder ein Bürokrat zu sein versteht.”
“Immer beschäftigt zu sein, und nicht unter der Eile zu leiden, das ist ein Stück Himmel auf Erden!”
“Wenn der Papst nicht mehr der Papst sein kann, dann ist es besser, er tritt ab.”
Unfehlbarkeit
“Ich bin nicht unfehlbar”, sagte er einmal im Gespräch mit griechischen Seminaristen. Als diese ihn bewundert anschauten, erklärte er lächelnd: “Nein, ich bin nicht unfehlbar. Der Papst ist unfehlbar nur, wenn er ex cathedra’ spricht. Ich werde aber nie ‘ex cathedra’ sprechen”. ‑ Er hat nie ‘ex cathedra’ gesprochen.
Die Bürde des Amtes
Ein neuernannter Bischof beklagte sich beim Papst, daß ihn die Last der Verantwortung nicht mehr schlafen lasse. Johannes antwortete mitleidsvoll: “Oh, mir ging es in den ersten Wochen meines Pontifikats genauso, aber dann sah ich einmal im Wachtraum meinen Schutzenge, er mir zuraunte: ‘Giovanni, nimm dich nicht so wichtig!’ Seither schlafe ich wieder.”
Über die Kirche
“Wir weilen nicht hier auf Erden, um ein Museum zu hüten, sondern um einen blühenden Lebensgarten zu bestellen, dem eine glorreiche Zukunft verheißen wurde.”
Berufstheologen
“Sind Sie Theologe?” fragte eines Tages Johannes einen anglikanischen Geistlichen.
“Nein, Heiliger Vater”, antwortete der Angeredete etwas verwirrt. ‑ “Nun gut! Deo gratias! Ich auch nicht, wenn man es auch so sagt. Sie wissen ja selbst, wieviel Unglück die Berufstheologen der Kirche durch ihre Haarspaltereien, ihren Ehrgeiz, durch ihre Engherzigkeit und ihren Eigensinn zugefügt haben.”
Eines Tages bedachte Papst Johannes den Kardinal Ottaviani, gewiß ein frommer und selbstloser Priester, der aber eine Neigung zur Dogmatik hatte, die ihn ständig befürchten ließ, die reine Lehre der Kirche könnte verfälscht werden, mit einer heiteren Charakterisierung voller Nachsicht: “…Der Kardinal Ottaviani? Der hat seinen Kinderglauben!”
Sparsamkeit
Nach seiner Inthronisation hat Johannes die Grundgehälter der Angestellten und Arbeiter des Vatikans erheblich erhöht und ein Kindergeld eingeführt. Ein Prälat, der die Erhöhung der kleinen Gehälter für übertrieben hielt, bemerkte ehrfurchtsvoll, daß diese Erhöhung doch eine schwere Belastung für den päpstlichen Haushaltsplan bedeuten würde. Der Papst antwortete: “Wir haben ja nicht nur die Gehälter der kleinen Leute erhöht, sondern auch die Bezüge der hohen Beamten gekürzt. Auf diese Weise, so vermute ich, wird für unser Schatzamt eher noch eine Ersparnis von einigen Millionen Lire pro Monat herausspringen.”
Verständigung
Eines Tages trafen die Mitarbeiter den Papst bei neuen Sprachstudien an.
“Ja, ich lerne jetzt Deutsch”, erklärte er ihnen, “obwohl ich gestehen muß, daß mir das Erlernen der deutschen Sprache schwer fällt. Das ist aber die einzige Sprache, die die Canarini (Kanarienvögel) verstehen, die mir mein Vorgänger Pius XII vererbt hat. Und das ist von dem gewaltigen Erbe noch das Einfachste.”
Respekt
“Wer schreit, hat unrecht! Man soll immer die Würde dessen respektieren, der vor einem steht, und vor allem die Freiheit eines jeden Menschen. Gott selbst hält es so!”
Vor seinem Tod
“Sorgt Euch doch nicht so sehr um mich… Ich bin bereit, die große Reise anzutreten. Meine Koffer sind gepackt. Ich kann jederzeit abfahren… ”
Zusammengestellt von Joseph Boscheinen
AM 2. PFINGSTTAG 1963 STARB JOHANNES XXIII.
An 11. Oktober 1962 eröffnete er das Konzil. Da hatte er noch ein halbes Jahr zu leben. Bei seiner Eröffnungsrede wendet er sich leidenschaftlich gegen die, die aus religiösem Eifer die moderne Welt verachten: “Sie meinen nämlich in den heutigen Verhältnissen der menschlichen Gesellschaft nur Untergang und Unheil zu erkennen, Sie reden unablässig davon, daß unsere Zeit im Vergleich zur Vergangenheit zum Schlechteren abgeglitten sei. Sie verhalten sich, als hätten sie nichts aus der Geschichte gelernt. Ich bin völlig anderer Ansicht als diese Unglückspropheten, die ständig Katastrophen ankündigen, als ob die Welt vor ihrem Ende stünde.”
Am 2. Pfingsttag ’63 ist er an seinem Krebsleiden gestorben. In der ganzen Welt nahmen die Menschen daran Anteil. Und er gab das letzte Zeugnis eines erfüllten Lebens: gut sterben zu können. ‑ Das Konzil ging weiter. 1964 schlug der Weihbischof von Bologna vor, die Konzilsbischöfe mögen Johannes XXIII. durch das Konzil heiligsprechen ‑ als Anerkennung der von ihm eröffneten Perspektive der Kirche. Das wäre schön gewesen! Aber ‑ vielleicht gibt es Heilige, die keine Heiligsprechung brauchen. Wenn wir etwas brauchen zur Bewältigung heutiger Probleme, dann ist das sein Geist, in dem das Menschliche und das Christliche, gesunder Menschenverstand und eine Frömmigkeit ohne Angst auf seltene Weise im Einklang waren. Ich bin einfach dankbar, daß es diesen Papst gegeben hat.
Albert Höntges